Wie sichern und schützen wir unsere Bäume?

„Zu fällen einen schönen Baum, braucht’s eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, Braucht er, bedenkt es, ein Jahrhundert!“

(Eugen Roth)

Bäume sind das Grundgerüst unserer Gärten und Grünanlagen! Sie sorgen für Schatten, bessere Luft, bilden Habitate für Tiere und können aus grauen Straßenschluchten grüne Bänder machen. Bäume sind unfassbar wichtig für unsere bebaute Umgebung und Bäume brauchen sehr, sehr lange bis sie groß und ausgewachsen sind. Und während bei dieser Hitze nun hoffentlich allen klar wird, wie sehr wir auf große Gehölze angewiesen sind, macht die zunehmende Trockenheit den Bäumen richtig Stress.

Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Bäume schützen und pflegen! Ein Baum, der gefällt werden muss, reißt ein riesiges Loch in einen Garten, Vorgarten oder einen Platz. Er fehlt uns Jahre, manchmal Jahrzehnte. So lange nämlich, bis ein neues Gehölz die Größe des alten Baumes erreicht hat.

Damit Ihr wisst, wie Ihr eure Bäume schützen und kontrollieren könnt, habe ich mit Daniela Antoni gesprochen. Daniela hat Forstwissenschaften und Waldökologie studiert, ist FLL-zertifizierte Baumkontrolleurin und hat langjährige Erfahrung als Bruch- und Standsicherheitsgutachterin. Mit anderen Worten: hast Du Fragen zum Baum, dann frag Daniela Antoni :-)

Und genau das habe ich getan:

Lilli: Wie oft sollte ich als Baumbesitzer denn meine Bäume kontrollieren und auf was muss ich da achten?

Daniela: Ein Baumbesitzer kann seine Bäume nicht selbst kontrollieren. Deswegen gibt es ja meinen Beruf.
Baumkontrolle ist unfassbar vielschichtig und es kommt auf fachliche Details an, die Laien nicht sehen. Auf was Baumbesitzer achten sollten, sind Pilze. Spätestens dann einen Experten hinzuziehen, besser vorher, denn es gibt eine gesetzliche Vorgabe mit der Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen, das ist der
§ 823, Abs.1, BGB.

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Lilli: Wann macht es Sinn einen Experten wie dich hinzuziehen. Und wie finde ich den richtigen?

Daniela: Am besten einmal im Jahr und nach Extremwetterereignissen wie Stürmen. Wie man diesen findet, ist in Deutschland, schwer, da es keine geregelte Ausbildung gibt. Aber die Bezeichnung FLL-Zertifizierung ist eine gute Basis.

Lilli: Was sind denn die häufigsten Ursachen für „unsichere Bäume“?

Daniela: Übersehener Pilzbefall und schlechte Schnittmaßnahmen, auch Verletzungen an der Wurzel bei Baumaßnahmen (z.B. Hausumbau).

Am besten man schützt den Bereich der direkt unter der Krone liegt plus zusätzlich noch 1,5 m bzw. agiert je nach Baumart. Sind schwere Geräte zu erwarten, sollten die Wurzeln geschützt werden und ein Stammschutz angebracht werden.

Lilli: Und welche Möglichkeiten habe ich noch, den Baum möglichst lange zu erhalten? Kann man irgendeine Schätzung abgeben, wie lange sich Bäume noch halten, wenn sie zum Beispiel schon Pilze aufweisen und Wunden schon weiches Holz haben?

Daniela: Das ist leider von Baumart zu Baumart und Pilzart zu Pilzart komplett unterschiedlich. Wie gesagt. Baumkontrollen sind sehr komplex. Sonst könnte es ja jeder. Von „sofort fällen“ bis mehrere Jahrzehnte ist alles möglich.

Lilli: Müssen wir jetzt im Blick auf den Klimawandel diese Bäume schon früher fällen?

Daniela: Ja, viele Baumarten gehen die raschen klimatischen Veränderungen nicht mit. Im Rhein-Main-Gebiet sieht man sehr oft Birken, die innerhalb nur einer Vegetationsperiode absterben. Auch Astbrüche an gesunden Bäumen können sich durch die Trockenheit erhöhen. Es ist eine Zeit aktuell in der viele althergebrachte Aspekte neu bewertet werden müssen.

Lilli: Kannst du ein paar Empfehlungen geben für Baumarten, die mit Trockenheit und Hitze gut zurechtkommen?

Daniela: Sogenannte Klimabaumarten können im Mix mit heimischen Baumarten auf den dazugehörigen Böden und klimatischen Bedingungen im Umfeld gut gepflanzt werden. Dazu zählen Feld-Ahorn, Esskastanie als heimische Baumarten oder Amberbaum, Gleditschie und Ginkgo als Beispiele.
Aber auch hier, nur in Rücksprache mit Experten. Bei der Pflanzung kann eine Menge falsch gemacht werden.

Wichtig wäre definitiv, dass der Baum aus einer guten Baumschule kommt, einen Stammschutz (Bambusmatte, Stammschutzfarbe) anzubringen und weder zu tief, noch zu hoch zu pflanzen. Bambusmatten und Stammschutzfarbe schützen vor Wildverbiss und Temperaturschäden an der Rinde. Mit einem Dreibock kann der Jungbaum in den ersten Jahren stabilisiert werden.

Amberbäume sind hitzeverträglich und haben eine wunderschöne Herbstfärbung – Foto: Daniela Antoni

Lilli: Wie oft und wieviel muss ich denn einen Jungbaum gießen? Und was geben ich ihm beim Start am besten mit, damit er gut wachsen kann.

Daniela: Im Gartenbereich ist das ja etwas einfacher, da der Boden hier generell eher feucht ist, durch die Wassergaben und die gute Versorgung mit Erde. Im Stadtbaumbereich rechnen wir ca. mit 100 l pro Woche. Hier sind die Umgebungsbedingungen für Bäume allerdings stresserfüllt und der Baum hat meist nur wenig Raum für die Wurzeln. Gießsäcke können hier bei Zeit- und Personalmangel eine gute Stütze sein. Gießsäcke gibt es zwischenzeitlich im Baumarkt.

Lilli: Manchmal hat man ja das Glück, dass man in einen alten Garten einzieht in dem schon Bäume stehen. Wenn man den Garten umgestalten möchte, ist es ja wichtig die Wurzeln zu schützen. Wie macht man das denn richtig?

Daniela: Wurzelschutz ist ebenso wichtig, wie eine fachliche Baumkontrolle. Das würde ich persönlich nie einem Laien überlassen. Grob kann man sagen, dass die Wurzeln unter dem Bereich der Krone nicht verletzt werden sollten. Dann ist schon viel gewonnen. Denn dort ist der Baum am empfindlichsten.

Bei Baumaßnahmen ist ein professioneller Baumschutz das A und O – Foto: Daniela Antoni

Lilli: Was hältst du von überbaubaren Baumsubstraten und Wurzelbrücken, wenn man zum Beispiel einen Belag um einen Baum herum anlegt, oder im Bereich der Wurzeln?

Daniela: Unbedingt bin ich dafür. Ist man bereit hier Geld zu investieren, hat man lange Zeit Freude an seinem Großbaum im Garten oder vor der Haustüre, ohne dass man sich den Unmut der Nachbarn zuzieht oder es mit Stolperkanten zu tun bekommt. Stolperkanten können entstehen, wenn der Baum nicht weiß wohin und mit seinen Wurzeln aus lauter Verzweiflung den Belag anhebt.

Lilli: Du bist ja eine echte Baumkämpferin, was macht denn einen Baum so wichtig für uns? Abgesehen davon natürlich, dass Bäume einfach wunderschön sind und Schatten spenden?

Daniela: Es ist nicht wirklich die Tatsache, dass Bäume so wichtig für uns sind, das dürfte hoffentlich jedem klar sein, sondern es ist der Umstand, dass Bäume im urbanen Raum immer weniger werden. Man braucht sich nur die Zahlen aus den Grünflächenämtern unserer Großstädte ansehen. Dort werden in der Regel mehr Bäume gefällt, als nachgepflanzt. Der Mensch sorgt mit seiner Flächenaneignung, seinem abnehmenden Naturverständnis und seinen Besitzansprüchen dafür, dass wir immer weniger alte oder generell gesunde Bäume vorfinden. Wer jemals vor einem 200 Jahre alten Baum gestanden hat, kann sich vielleicht die Ehrfurcht vorstellen, die man empfindet. Dieses Erlebnis, sollten die Generationen nach uns auch erleben dürfen, oder?

Lilli: Erzählst du uns noch etwas über deine Initiative für Habitatbäume? Was ist so wichtig an Habitatbäumen?

Daniela: Alte Bäume sind kleine, eigene WG´s in der mehrere 1000 Organismen leben. Bäume müssen bei fachlicher Kontrolle nicht gefällt werden, bei ersten Alterserscheinungen oder Wehwehchen. Meine Initiative zeigt Wege auf, wie jeder die Artenvielfalt bei sich vor der Haustüre erhalten kann und klärt auch Kinder über die WG-Bewohner eines Altbaumes auf.

Totholz bietet für viele Organismen wertvollen Wohnraum – Foto: Daniela Antoni

 

Vielen Dank liebe Daniela für das Interview! Wer mehr von Danielas umfassenden Baumwissen erfahren möchte, sollte ihr unbedingt auf Instagram folgen. Hier gibt es sehr viele Informationen über Baumschnitt, die oben angesprochenen Pilze, den schönen #Ratedienstag und den weniger schönen #Montagsbaum. Ihr Account ist voller Informationen und Leidenschaft für die Bäume!

Im Netz findet Ihr Daniela unter https://baumkontrolle-im-netz.de/

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