Warum ein Garten uns den Staub des Alltags von der Seele wischt
Und ich meinen Beruf so liebe
Neulich war mal wieder einer dieser Tage, an denen ein Termin den nächsten jagt. Keine Zeit zum Innehalten, keine Zeit zum Essen, den Blick immer auf der Uhr. Als ich dann nach Hause kam (es war gerade noch hell), legte ich meine Tasche ab, zog meine Schuhe aus und dabei fiel mein Blick in den Garten. Und ich dachte, ach wie schön! Die weißen Blüten des Schneeballs leuchteten im Abendlicht, der Flieder, Akelei und Zierlauch bildeten einen tollen Kontrast dazu und ich habe mich einfach unglaublich auf den kommenden Sommer gefreut und all die Dinge die im Garten dann wieder entstehen werden. Und Zack, war ich draußen aus meinem „Ich-muss-los-weil-um-x-muss- ich-in-x-sein-Modus. Ein Blick in den Garten genügt, um mir zu zeigen: Hey: jetzt bist Du hier und Deine einzige Aufgabe besteht darin, in den Garten zu schauen und ihn zu genießen. Toll oder?
Und noch toller ist es ehrlich gesagt, dass meine Arbeit darin besteht anderen dabei zu helfen auch diese Garten-Momente zu haben. Wer mich schon ein bisschen länger kennt, weiß ja dass für mich die Menschen, die in einem Garten wohnen das Wichtigste im Garten sind. Nicht der Rasen, die Hecke, die heimischen oder nicht heimischen Pflanzen. Nein, es sind die Menschen. Denn für uns Menschen ist ein Garten gerade in der heutigen Zeit ganz besonders wertvoll. „Ein Garten wischt den Staub des Alltags von der Seele“. Alle meine Kunden erhalten eine Karte mit diesem Spruch von mir, denn genau das ist mein Ziel: Ihnen einen Ort zu geben, eine Oase, in der sie den Alltag vergessen können und die Seele baumeln lassen können. Warum das im Garten so einfach ist? Ich glaube es liegt an mehreren Dingen:
Viele Dinge, die ins schwer fallen, müssen wir im Garten zwangsläufig lernen. Wie zum Beispiel Geduld. Ich bin selbst ein sehr ungeduldiger Mensch, das Warten ist nun wirklich nicht meine Stärke. Gerade deshalb tut mir mein Garten unglaublich gut. Denn hier geht nichts schneller, nur weil ich Stress mache. Das Gras wächst nicht schneller wenn man daran zieht. Und die Stauden treiben nicht früher aus, nur weil man ihnen eine Deadline gibt. Es interessiert die Natur einfach nicht, ob wir es eilig haben oder nicht. Und da ich glaube, dass Ungeduld nicht unbedingt gesund ist, geh ich oft ganz bewusst in meinen Garten um mich darin zu üben. Probieren Sie es doch einfach mal aus!
Die penetrante Schwester der Ungeduld ist ja die To-do Liste. Ich weiß nicht, ob Sie das kennen: diese Momente in denen Ihnen schlagartig kommt dass Sie ja noch unbedingt Punkt 5, Unterstrich 3 von Ihrer To do Liste erledigen müssen. Meistens kommt dieser Gedanke gerade dann, wenn ich ihn gar nicht gebrauchen kann. Zum Beispiel mitten in der Nacht. Und hält mich dann lange wach. In so einem Fall turnen wir dann schon innerlich die Zukunft durch, statt uns in der Gegenwart zu erholen. Auch da hilft mir mein Garten. Denn der Garten lehrt mich im Hier und jetzt zu sein. Der Garten sagt nur: „schau her, jetzt ist die Zeit des Schneeballs, genieße sie jetzt.“ Oder die Zeit der Kirschblüte, der Rosen, der Hortensien. Der Garten lädt uns ein, im Hier und Jetzt zu sein. Nicht schon an Morgen denken, an den Termin nächste Woche und auch nicht an den unangenehmen Anruf von Gestern. Der Garten erinnert uns daran, dass wir JETZT leben. JETZT die Möglichkeit haben, die schönste aller Rosen anzuschauen, den tollsten aller Lavendeldüfte einzuatmen. Und das tut uns unglaublich gut, in einer Welt in der wir immer in Bewegung sind, ständig auf dem Weg von A nach B. Einmal innezuhalten und den Moment genießen – wo geht das leichter als in einem schönen Garten?
Die meisten von uns arbeiten hauptsächlich am Computer. Das ist immens anstrengend für unsere Augen, auch wenn wir das teilweise schon gar nicht mehr merken, weil es uns zur Gewohnheit geworden ist. Wenn wir dann aber im Garten stehen und den Gräsern zuschauen, die sich im Wind bewegen. Den Blättern, die den Schatten auf die Terrasse werfen – dann merken wir wie gut uns das tut. Weil unsere Augen sich ausruhen können. Wenn wir abends nach Haus kommen und auf dem Weg zur Haustüre den Duft von Rosen, Lavendel oder Thymian aufschnappen, dann ist das wie ein Kurzurlaub für die Seele. Wir erinnern uns vielleicht an den Sommer, hören die Vögel, das Summen der Bienen und wissen plötzlich was wichtig ist im Leben. Zumindest geht es mir immer so. für mich sind das kurze Augenblicke des Einhaltens im Alltag, die mir unglaublich viel Energie geben für den Tag.
Experten sagen ja, jede Entwicklung hat auch ihre Gegenentwicklung. Je technischer unser Alltag wird, desto mehr sehnen wir uns danach, etwas mit den unseren Händen tun. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen das Gärtnern für sich entdecken und vergnügt in der Erde buddeln. Es gibt uns einfach einen Ausgleich zum oft so abstrakten Alltag, in dem wir hauptsächlich damit beschäftigt sind, irgendwelche technischen Geräte zu bedienen. Sei es der Computer, das Handy oder das Auto. Wie schön ist es da zur Abwechslung mal, ein paar Blüten abzuschneiden, etwas einzupflanzen oder die Balkonkästen zu gießen. Und noch viel schöner ist es natürlich, wenn wir den Pflanzen, die wir selbst gesetzt haben beim Wachsen zuschauen dürfen. Das ist ein Erfolgserlebnis, das wir mit ganz einfachen Mitteln erreichen können. Ohne technische Geräte, einfach so durch unsere Hände. Ist das nicht wunderbar?
Ich freue mich jedes Jahr mehr darüber. Und darum geht es doch: uns an den Pflanzen zu erfreuen, unseren Garten zu genießen und Energie zu tanken in unserer grünen Oase.
Für mich, als Gartenplanerin ist es jedenfalls das Schönste, wenn ich bei meinen Planungen oder bei meinem Kurs genau dabei meinen Kunden helfen konnte: einen Ort zu schaffen, der Ihnen den Staub des Alltags von der Seele wischt.
Und das wünsche ich Ihnen auch! Genießen Sie Ihren Garten!
Bis bald,
Ihre Lilli Straub